Die wichtigsten Kommunikationsfähigkeiten 2019
Natalie Ediger, 4. Oktober 2019· Kommunikation
Heutige Kommunikationsfähigkeiten und wie sie sich verbessern lassen
Im Gegensatz zum klassischen Verständnis von externer Unternehmenskommunikation spielen heute sowohl bei der internen Kommunikation auf organisatorischer Ebene, als auch bei der Kommunikation zwischen Teams, Kollegen, Kunden, der Öffentlichkeit und auch Mitarbeitern Kommunikationsfähigkeiten eine zentrale Rolle.
Durch die digitale Transformation haben sich die Anforderungen an unsere Kommunikation radikal verändert. Kommunikation ist schneller, direkter und umfangreicher geworden. Neue digitale Kommunikations-Tools helfen uns dabei, Konversationen und Wissen zu speichern und dadurch abrufbar und jederzeit verfügbar zu machen. Doch was sind kommunikative Fähigkeiten und Rhetorik im digitalen Zeitalter noch wert, wenn ein Grossteil der Kommunikation in schriftlicher Form erfolgt – brauchen wir Rhetorik und Kommunikationsfähigkeiten überhaupt noch? Und falls ja, welche Skills sind in der Kommunikation im 21. Jahrhundert essentiell?
Die Bedeutung von direkter Kommunikation im digitalen Zeitalter
Bevor wir uns mit Kommunikationsfähigkeiten auseinandersetzen, schauen wir uns zunächst an, welche bzw. ob gesprochene, verbale Kommunikation in einem modernen, digitalisierten Unternehmen überhaupt noch eine Rolle spielt.
Es mag überraschend klingen, aber in unserer heutigen Zeit hat die Bedeutung von direkter Kommunikation und von Dialogen sogar an Bedeutung gewonnen. Der Grund dafür lässt sich sehr einfach anhand des Vier-Seiten-Modells von Friedemann Schulz von Thun herleiten.
Das Modell geht davon aus, dass jede Botschaft auf vier Ebenen transportiert wird:
Sachebene (welche sachliche Information wird übertragen?)
Selbstkundgabe (was sagt das Gesagte über den Sprecher aus?)
Beziehungsebene (wie ist die Beziehung zwischen Sender und Empfänger?)
Appell-Ebene (was soll mit der Aussage erreicht werden?)
Unterrepräsentation von Kommunikationsebenen durch Kanalreduktion
Bei einem Gespräch – ganz gleich ob es sich um geschriebene oder gesprochene Sprache, Video- oder Audioübertragungen handelt – werden immer alle vier Ebenen angesprochen. Die schriftliche Sprache reduziert somit zwar die Übertragungskanäle auf die rein verbale Ebene und dient überwiegend der Übertragung von Sachinformationen, spricht also die Sachebene ganz besonders stark an; Dennoch werden die übrigen Ebenen wie beispielsweise die Beziehungsebene und die Appell-Ebene nie völlig ausgeblendet, denn sie werden zum Grossteil unterbewusst bespielt.
Bei einem direkten Gespräch spielen weitere Faktoren wie das Auftreten oder die Körpersprache, Gestik und Mimik für die unbewusste Informationsübertragung auf den übrigen Ebenen eine grosse Rolle. Dies fällt bei der schriftlichen Konversation jedoch grösstenteils weg, sodass alle Ebenen ausschliesslich über das geschriebene Wort bespielt werden. Dadurch kommt es zunehmend zu Fehlinformationen, falschen Interpretationen und Missverständnissen. Gleichzeitig wird der Anteil an unbewusst ausgesendeten und empfangenen Kommunikationssignalen geringer; eine Unterrepräsentation der Beziehungsebene ist die Folge. Auch Siegmund Freud erkannte bereits, dass nur etwa 10 bis 20% einer Botschaft direkt wahrnehmbar sind. Er fasste diese Erkenntnis in seinem Eisberg-Modell zusammen.
Doch wo kommen die unbewussten Inhalte der übrigen Ebenen her? Nun – von uns selbst. Wir leiten sie uns aus den geschriebenen Worten her, interpretieren sie gemäss unserer Erfahrungen, Gefühle und Meinungen. Dieser Effekt tritt zunehmend auch in unserem Alltag auf, da wir vermehrt über digitale Medien kommunizieren und immer weniger direkt.
Die Folgen: Eine immer schneller werdenden Kommunikation, ständige Erreichbarkeit und vor allen Dingen auch ein verstärkter Informationsfilter, der wichtige von unwichtigen Informationen trennt, um uns vor Reizüberflutung zu schützen.
Das neue Verlangen nach emotionalen Inhalten
Mit den zuvor genannten Effekten geht gewissermassen zwangsläufig ein zunehmendes Verlangen nach der emotionalen, der Beziehungsebene einher. Das heisst, wir werden für Inhalte empfänglicher, die uns auf der Beziehungsebene verstärkt ansprechen und zu einer engeren Bindung mit dem Gesprächspartner beitragen. Dies lässt sich an Internetphänomenen wie Livestreams bei gleichzeitiger Interaktion mit dem Publikum (z.B. über Plattformen wie YouTube und Twitch) als auch durch Studien belegen.
So zeigen aktuelle Statistiken und Prognosen des Video Marketing Reports 2019, dass Bewegtbilder wie Videoinhalte, Erklärungsvideos oder andere audiovisuelle Elemente bis zum Jahr 2021 bereits bis zu 82% des Internetverkehrs ausmachen werden. Schon heute werden täglich über 1 Milliarde Stunden an Youtube-Videos angeschaut. Der Grund liegt darin, dass Videos im Gegensatz zum geschriebenen Wort mehr Ebenen der Kommunikation ansprechen können und es dadurch möglich wird, emotionale Botschaften zu transportieren und Vertrauen aufzubauen. Das Verlangen, auf der Beziehungsebene angesprochen zu werden, nimmt also zu und wir sind hier folglich deutlich empfänglicher für Informationen. Dies müssen sich Organisationen aber nicht nur bei der externen Unternehmenskommunikation in Form von emotionalen Videos, Erklärvideos & Co. zu Nutzen machen, sondern unbedingt auch im Bereich der internen Kommunikation. Wer heute ausschliesslich über digitale Kommunikationstools arbeitet und sogar Weisungen, private Konversationen und besondere Anfragen von Mitarbeitern oder Kollegen ausschliesslich schriftlich bearbeitet, der sollte das Kommunikationskonzept des Unternehmens dringend an aktuelle Erkenntnisse anpassen.
Unternehmenskommunikation – direkte Kommunikation als Innovator und Motivator
Insbesondere im Unternehmen sind Kommunikationsfähigkeiten so wichtig geworden, wie nie zuvor. In unserer Wissensökonomie des 21. Jahrhunderts kommt es schon lange nicht mehr nur auf gute Ideen, sondern auch auf kommunikative Fähigkeiten an, um andere Menschen von Ideen, Überzeugungen und innovativen Konzepten begeistern zu können. Insbesondere agiler werdende Strukturen sowie immer schnellere Veränderungen führen dazu, dass der Bedarf an Kommunikation stetig zunimmt. Hierbei muss man aber zwischen den verschiedenen Funktionen der Kommunikation unterscheiden. So ist es für den reinen Austausch von Informationen durchaus sinnvoll, schnelle und kurze Wege zu gehen. Zur Erreichung anderer Kommunikationsziele ist die direkte Kommunikation hingegen deutlich besser geeignet. Denn für Funktionen wie Motivation, Beziehungsaufbau und das Team-Building ist die ausschliesslich schriftliche Kommunikation nicht gut geeignet.
Um die dafür notwendige Beziehungsebene sowie die Ebene der Selbstkundgabe gezielt aktivieren zu können, sind Kommunikationstechniken für die direkte Kommunikation sehr hilfreich. Im Folgenden erfahren Sie, welche Techniken helfen, die Vorteile der direkten Kommunikation effektiver nutzen und aktivieren zu können.
Doch auf was kommt es nun genau an? Welche Skills sollte man beherrschen, um dem hohen Stellenwert der direkten Kommunikation einerseits und dem zunehmenden Gebrauch digitaler Tools andererseits gerecht zu werden?
Elementare Kommunikationsfähigkeiten im Jahr 2019
Glaubwürdigkeit steht bei der Kommunikation über allem. Erst mit ihr können andere positive Effekte überhaupt eintreten. Niemand möchte aufgesetzte, gespielte und wenig authentische Dialoge führen. Dennoch kommt dies insbesondere bei der Kommunikation über verschiedene Hierarchiestufen hinweg immer wieder vor. Bevor Sie sich näher mit den wichtigsten Kommunikationsfähigkeiten befassen, sollten Sie sich daher vor Augen führen, dass Glaubwürdigkeit, der Dialog auf Augenhöhe und das aktive Zuhören grundlegende Elemente einer gelungenen Dialog Kommunikation sind; unabhängig vom Sender und Empfänger der Inhalte. Die besten Kommunikationsfähigkeiten werden Ihnen keine Vorteile bringen, wenn die Grundpfeiler nicht gegeben sind, denn sonst wirken Sie nicht authentisch oder noch schlimmer: unglaubwürdig.
Positive KörperspracheEine aufrechte Haltung, eine offene Haltung und gleichzeitig ein entspanntes Auftreten sind die Schlüssel für eine positive Körpersprache. Über-formelle Haltung und Körpersprache im Allgemeinen, die nicht zu Ihnen oder zur Situation passen, sorgen bei den Gesprächspartnern für Unbehagen.
BlickkontaktAuch wenn Sie ein eher introvertierter und rationaler Mensch sind, der den Blickkontakt generell eher meidet, sollten Sie zum Aufbau von Beziehungen und bei persönlichen Gesprächen immer wieder den Blickkontakt suchen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie das Gegenüber anstarren sollen. Insbesondere beim Zuhören signalisiert der Blickkontakt dem Gegenüber Vertrautheit und zeigt, dass Sie mit Interesse zuhören und ihn hören. Dies ist ein sehr wichtiges Kriterium, um im wahrsten Sinne ein Gespräch „auf Augenhöhe“ zu führen.
Deutliche AusspracheEs ist wichtig, klare Worte zu finden und diese auch klar und verständlich aussprechen zu können. Versteht Ihr Gegenüber beispielsweise Ihren Dialekt nicht, ist dies ein echtes Problem und kann zu grossen Hürden in der Kommunikation führen. Nuscheln, schnelles oder zu langsames Reden bzw. auch die falsche Tonhöhe hemmen eine offene und gelungene Kommunikation. Finden Sie Ihre mittlere Tonhöhe, sprechen Sie auch in Eile oder unter Nervosität nicht hastig und versuchen Sie, sich so klar wie möglich auszudrücken. Eine gehobene und gleichzeitig authentische Wortwahl, die zu Ihnen passt, ist hier ebenso sehr wichtig.
Aktives ZuhörenObwohl im ersten Abschnitt schon erwähnt, haben wir es auch hier nochmals aufgeführt, denn auch Zuhören ist eine Fähigkeit, die erlernt und beherrscht werden sollte. Besteht die Kommunikation zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter beispielsweise nahezu ausschliesslich aus Weisungen und es kommt praktisch nicht zum Dialog, ist ein Vertrauensaufbau und ein Gespräch auf Augenhöhe nicht möglich.
Freundlichkeit und eine ausgeprägte FehlerkulturAuch wenn das Gegenüber einen Fehler gemacht hat, ist dies kein Grund, von einer freundlichen Art abzuweichen. Fehler müssen gemacht werden, um zu lernen. Dies muss auch so kommuniziert werden. Das Akzeptieren menschlicher Fehler ist ein wichtiger Bestandteil, um eine offene Kommunikation auch in Krisensituationen oder bei Problemen wahren zu können.
Die richtige Kanal-AuswahlWenn Informationen schnell vermittelt werden müssen, ist nicht immer das direkte Gespräch der beste Weg. Digitale Kommunikationstools, das Intranet, Social Media oder auch Mitarbeiter-Apps und Messenger-Tools sind hierbei eine grosse Hilfe. Schnelligkeit ist aber nicht immer alles. Eine kurze Weisung zwischen Tür und Angel, eine Gratulation zum Nachwuchs per SMS oder Kritik per E-Mail ist niemals richtig. Auch nicht unter Zeitdruck. Sobald die Beziehungsebene verstärkt angesprochen wird oder angesprochen werden soll, ist meist das direkte Gespräch der beste Weg – trotz Facebook, WhatsApp & Co.
Begeistern und Mitreissen statt AufzwängenArgumentieren können viele. Überzeugen und anderen eine Vision so zu vermitteln, dass sie voll mit getragen wird, ist aber eine völlig andere Seite. Wenn Gesprächspartner eine Idee, ein Konzept oder eine Philosophie nicht mittragen wollen oder den Sinn hinter etwas nicht verstehen, sollte dies immer ernst genommen werden. Sie sollten sich nicht fragen, wie Sie die Anderen besser überzeugen können, sondern sie vielmehr mit einbinden und nach einem Konsens streben, den der Empfänger mit trägt. Hier kann es sehr hilfreich sein, eigene Vorstellungen nicht mit dem Vorschlaghammer aufzudrücken, sondern über gezielte Fragen und Logikketten das Gegenüber selbst auf die angestrebte Sichtweise zu bringen.
Wenn Sie diese Kommunikationsfähigkeiten verinnerlichen und konsequent weiterentwickeln, werden Sie nicht nur selbst davon profitieren, sondern auch dazu beitragen, in Ihrem Umfeld und in Ihrer Organisation eine bessere Kommunikationskultur zu etablieren. Im Unternehmen ist ein offenes, authentisches und glaubwürdiges Kommunikationskonzept sowohl bei der externen als auch bei der internen Kommunikation von entscheidender Bedeutung, um als Marke am Markt Bestand zu haben.
Dies erreicht man am besten mit einer Kommunikationskultur, bei der Ehrlichkeit, Offenheit nach innen und ein gemeinsamer Konsens die Grundpfeiler sind. So entsteht eine Kultur von Innovatoren, Motivatoren und Kommunikatoren, wie sie noch vor einigen Jahren als eigene Rolle nur bestimmten Kommunikatoren vorenthalten war. Doch im 21. Jahrhundert sind wir alle zu Kommunikatoren und damit auch zu Innovatoren und Markenbotschaftern geworden.
Kommunikationsfähigkeiten im Unternehmenskontext
Wird eine offene Kommunikationskultur im Unternehmen gelebt, gelingen auch die externe Kommunikation sowie die team- und abteilungsübergreifende Kommunikation besser. Auch Kunden suchen im Zeitalter von Shares, Likes den Dialog mit dem Unternehmen, seinen Mitarbeitern und Ihnen, wollen emotional angesprochen und mitgerissen werden. Niemand möchte im 21. Jahrhundert mehr zwei Tage lang oder gar vergeblich auf eine Antwort warten. Die Kommunikations-Skills des Einzelnen sollten keineswegs auf die direkte Kommunikation begrenzt werden, sondern vielmehr wird es immer wichtiger, auch als Unternehmen die Digitalisierung der Kommunikation zu akzeptieren und zu meistern.
Kommunikationsfähigkeiten – zu welchen die private sowie die interne und externe Unternehmenskommunikation gleichermassen gehört – sind stets als Austausch zwischen Menschen zu begreifen. Authentischer Dialog kennt keine B2B, B2C oder gar hierarchische Strukturen. Auch neue Technologien und Kanäle sollten stets nur als nackte Architektur begriffen werden, die erst durch Menschen, die sich in ihr bewegen und in ihr leben einen Nutzen bekommt.